Das klingt gut: Peter Hess zeigt eine Klangschale, deren Schwingungen auch Schlaganfall-Patienten helfen können. (Janina Rahn)
Herr Hess, Sie haben die Klangmassage mit Klangschalen entwickelt. Wie sind Sie darauf gekommen?
Peter Hess: Der Ursprung liegt über 30 Jahre zurück, das war 1984. Es war für mich damals eine schwierige Zeit. Ich habe mich damals um alternative Medizin gekümmert, weil schwere Krankheiten in der Familie waren. Und ich habe dann verschiedene Dinge ausprobiert. Ich habe einen Freund, der in Nepal forscht, der Professor Dr. Niels Gutschow. Der sagte: „Peter komm doch mal mit all deinen Geräten nach Nepal, und du wirst spannende Erfahrungen machen.“ Ich war damals Berufsschullehrer und habe mich ein Jahr lang von der Schule befreien lassen. Ich bin ein Jahr nach Nepal gegangen, um dort meine Erfahrungen zu machen. Das war wunderbar, das war der Ursprung der Methode. Aber die Methode ist keine östliche Methode, sie ist für die Bedürfnisse der Menschen in der westlichen Welt abgestimmt. Das Spannende, was ich entdeckt habe: Ich habe dort Erfahrungen gesammelt und Rituale kennengelernt, und mir ist klar geworden: All das, was ich dort noch erfahren kann, das war hier im Westen genauso. Man findet zum Beispiel in der katholischen Kirche noch Rituale. Dort ist die Wirkung von Klang auch ganz wichtig.
Was unterscheidet die Klangschalen-Massage von der Massage eines Physiotherapeuten?
Das ist ein riesiger Unterschied. Der Physiotherapeut hat ganz spezielle Techniken, um am Körper zu arbeiten. Das kann heftig sein und kann auch mit Schmerzen verbunden sein. Die Klangmassage ist eine viel sanftere Methode. Wir unterstützen auch den Bereich, um die Gesundheit zu fördern und nicht, um Probleme weg zu machen. Wir machen Angebote durch Klangschwingungen – Schwingungen, die über den Körper, die Muskulatur, Nerven und Knochen gehen. Und wir setzen ganz gezielt Schwingungen für diesen Bereich ein. Aber zentral wichtig ist es, dass wir mit unserer Aufmerksamkeit von dem Problem weggehen. Wenn ich zum Physiotherapeuten gehe, bin ich im Problem drin und bin problemverhaftet. Das tut nicht gut, weil ich das Problem kenne, und durch den Gedanken verfestigt sich das Problem. Wir machen ein Angebot im Umfeld, und es wirkt sanft und angenehm. Ich sage immer: Klang genießen, den Schmerz vergessen. Und da haben wir gerade in der Schmerztherapie ganz große Erfolge.
Im Jahr 2013 führte Ihr Institut mit der Steinbeis-Hochschule Berlin den berufsbegleitenden Studiengang „Bachelor of Science, Komplementäre Methoden, Fachrichtung Klang-Resonanz-Methode“ ein. Wie wird dieser angenommen?
Ja, zunächst einmal: Dass er angenommen wurde, ist schon außergewöhnlich hier in der Gesellschaft. Die Leute kommen immer zu mir und sagen, da muss man doch dran glauben. Wir wenden die Klangmassagen zum Beispiel an bei kranken Pferden, bei Sportpferden. Und die wirkt. Und die Pferde glauben nicht, sie sind weder katholisch noch evangelisch noch buddhistisch. Jetzt muss ich ein bisschen ausholen. Natürlich habe ich 1984 angefangen mit Selbsterfahrungsgruppen. Das war zum Teil im esoterischen Bereich angesiedelt. Und wir sind über Krankengymnastinnen sehr schnell davon weggekommen, also die heutigen Physiotherapeutinnen. Und über Fachpersonal haben wir mehr und mehr das System ausgebaut – aus den Erfahrungen und der Reflexion. Wir haben dann zwischendurch viele Kongresse gehabt und wissenschaftliche Berichte: Wie wirkt der Klang auf die Zellen oder aufs Gehirn? Diese konsequente Dokumentation, diese konsequente Arbeit hat dazu geführt, dass wir heute in vielen, vielen Bereichen präsent sind: im Gesundheitswesen, in Kliniken und der Psychiatrie. Und wir haben große Erfolge zum Beispiel bei Schlaganfall-Patienten, die oft nach einer Behandlung die Hand wieder bewegen können. Und daraufhin ist die traditionelle Wissenschaft auf uns aufmerksam geworden und hat gesagt, da muss doch was dahinter stecken. Und das war der Zugang, um einen Studiengang einzurichten und die Klang-Resonanz-Therapie und -methoden dort bei Steinbeis anzusiedeln. Das Studium ist besonders gut. Die Studenten kommen entweder aus ganz bestimmten Fachbereichen wie zum Beispiel aus der Pflege, der Therapie oder aus der Pädagogik. Und diese Idee, wo sie hin wollen, begleitet sie während des ganzen Studiums. Danach richten sich die Schwerpunkte und die Arbeiten aus. Es gibt auch eine ganze Reihe von Inhalten, die rundherum aus der Medizin und der Psychotherapie dazugehören. Ja, wie wird das angenommen? Nicht riesig, wir haben jetzt etwa 15 Studenten, aber es wird angenommen. Aber nicht jeder will studieren. Wir haben wunderbare Ausbildungsangebote in der Klangtherapie, die einmal für Therapeuten sind, aber auch für andere, um da reinzukommen. Oder Klangmassage/Klangexperte, Klangmassage zur Unterstützung von Heilungsprozessen und die Klangpädagogik, das ist der andere Bereich. Arbeit mit Kindern in der Schule und im Coaching-Bereich.
Am Peter-Hess-Institut bieten Sie viele Weiterbildungen und Seminare an. Kommen in diesem Jahr weitere Kurse hinzu?
Oh, da muss ich erst noch überlegen. Wir haben viele Angebote. Und zwar haben diese sich alle aus der Praxis entwickelt. Wir sagen immer: aus der Praxis für die Praxis. Und daraus entwickeln sich Seminarangebote für den Therapiebereich. Gerade habe ich wieder mit einer Physiotherapeutin gesprochen, die mit unserer Methode schon länger arbeitet und Lymphdrainage anbietet. Es entwickelte sich dann ein Seminar „Klang zur Unterstützung des Lymphflusses“. Wir haben insgesamt über 80 Fachseminare, wir haben in Deutschland 700 Seminare im Jahr, und wir haben über 20 Auslandsakademien – meistens in Europa, aber auch in Brasilien oder Australien.
Im Auftrag Ihres Instituts wurden mehrere Forschungsprojekte durchgeführt. Woran wird derzeit gearbeitet?
Ein spannendes Projekt hatten wir neulich auf unserem Fachkongress: das Projekt der Stimmhörer. Das sind Menschen, die Stimmen hören. Ihnen begegnet man mit Unverständnis. Sie werden oft beschimpft und klein gemacht. Und sie landen in der Psychiatrie. Die Psychiatrie antwortet in der Regel durch Psychopharmaka. Es ist ein sehr interessantes Projekt mit einer Psychologin und einer Klangmassage-Praktikerin. Sie haben Gruppen gebildet, um mit Klang weg von diesen Stimmen zu kommen – mit sehr großem Erfolg. Und das werden wir jetzt gerade noch mal flächendeckend unter einer größeren Anzahl untersuchen, das werden wir unterstützen. Was passiert? Die Menschen fühlen sich bedroht, beschimpft, klein gemacht. Was macht Klang? Klang erzeugt Wohlgefühl. Wenn ich mich wohlfühle, bin ich stark. Und jetzt bin ich bereit, hinzuhören und bin bereit, mehr und mehr aufzunehmen. Und werde dadurch im Laufe der Zeit, indem ich das annehme, stärker und stärker und komme mehr und mehr in die Ordnung. Es geht darum, wieder am Urvertrauen anzuknüpfen. Urvertrauen ist das tiefe Vertrauen in uns, das in unserer Gesellschaft leider nicht mehr so gepflegt wird. Mit Urvertrauen kommen wir auf die Welt, und dann werden wir durcheinandergebracht, indem wir im Kindergarten und der Schule zu irgendetwas hinerzogen werden, damit wir funktionsfähig werden. Das Vertrauen in uns selbst geht verloren. Indem ich mehr und mehr in mein Urvertrauen komme, gehen die Probleme weg. Und das Spannende ist: Die Stimmen ändern sich, werden freundlicher oder gehen total weg. Das ist ein Projekt. Das andere Projekt ist mit Professor Dr. Thilo Hinterberger, Lehrstuhlinhaber für angewandte Bewusstseinswissenschaften an der Universität Regensburg. Da gibt es auch einen Artikel in der neuen Fachzeitschrift (Klang-Massage-Therapie – Organ des Europäischen Fachverbands Klang-Massage-Therapie, Anm. d. Red.). Es geht um die Bewusstseinsforschung, das heißt, wie wir uns im Klang anders wahrnehmen und die Umwelt anders wahrnehmen. Das ist eine ganz wichtige Sache. Wir fühlen uns so, wie wir uns wahrnehmen und wie wir die Umwelt wahrnehmen. Dabei verlieren wir manchmal den Blick in unserer Subjektivität. Da gilt es, Dinge von anderen Seiten zu betrachten. Und dann sieht es ganz anders aus. Oder ich stecke in meinem Problem, aber im Klang gehe ich vom Problem weg und schaue sozusagen von oben auf mich. Und wenn ich etwas von oben beschaue, dann ergibt sich aus der veränderten Perspektive ein anderes Bild, ein anderes Bewusstsein, und ich kann ganz anders damit umgehen, als wenn ich im Problem verharre.
Die Themen Wellness und Entspannung stehen bei vielen Deutschen hoch im Kurs. Dementsprechend dürfte sich der Verkauf Ihrer Artikel in Ihren Shops gut entwickelt haben.
Das kann man nicht sagen. Wir haben uns geändert. Früher waren wir besser an der Bevölkerung dran, an den Problemen. Das machen wir jetzt auch wieder, wir bieten ja Ausbildungen an. Und jemand, der etwas Gutes für sich tun will, kommt nicht unbedingt zur Ausbildung. Aber wir haben genügend, die zur Ausbildung kommen. Das sind mehrere Tausend im Jahr. Jetzt hat sich das verlagert auf Fachbereiche wie zum Beispiel Heilfachberufe. Da muss der Verkauf nicht unbedingt besser sein als vorher. Aber es ist schon okay, ist schon wunderbar. Wir haben die besten Klangmaterialien der Welt, das ganz eindeutig. Die sind über Jahre entwickelt worden.
Sie haben in Ihrem eigenen Verlag viele Bücher veröffentlicht. Schreiben Sie zurzeit noch ein weiteres Buch?
Vor haben wir immer viel. Aber ein neuer Renner, der jetzt wieder neu aufgelegt wird, heißt „Klangschalen – Mein praktischer Begleiter“. Das heißt: Was kann ich im Alltag für mich tun? Mit kleinen Übungen – und da gibt es auch Untersuchungen, wie wirkungsvoll die sind von dem Professoren-Ehepaar Hella und Luis Erler – verändert sich mein Leben positiv. Ich lebe viel bewusster, ich weiß, was ich tue, ich bekomme Ideen und setze sie auch um. Das ist wunderbar, weil wir uns sonst nicht mal ein paar Minuten Zeit im Alltag nehmen. Mit Klangschalen hören und Klangschalen auf dem Handteller, aber auch wenn ich Probleme habe – zum Beispiel Knieprobleme, Gelenkprobleme oder Unterleibsbeschwerden –, kann ich etwas für mich tun, für meine Familie, Kinder oder meinen Partner. Das ist ein wunderbares Buch, ein Ratgeber, da sind viele praktische Beispiele enthalten.
Das Interview führte Dominik Flinkert.